Vom Männergesangverein zum Mehrgenerationenverein – Die Fasnet ist unser Jungbrunnnen
NEUHAUSEN: Die Gründung von MixDur bringt dem MGV einen enormen Schub – Frauenchor besteht seit 25 Jahren – Fast die Hälfte der 730 Mitglieder ist aktiv
(Von Klaus Harter, Bild Uwe Drücker)
Tradition verpflichtet, immerhin besteht der Männergesangverein Neuhausen seit 160 Jahren. Deshalb bleibt der Name, sagt der Vorsitzende Hans Jaudas. Aber längst singen im MGV nicht mehr nur Männer. Seit 25 Jahren gibt es einen Frauenchor, seit zehn Jahren den gemischten Chor MixDur. Die Abkürzung MGV könnte auch für „Mehrgenerationenverein“ stehen, meint Chorleiter Klaus-Peter Klapper. Denn der MGV ist längst kein reiner Gesangverein mehr, sondern ein Kulturverein. Tanz gehört seit 1953 dazu und ist bei allen großen Veranstaltungen ein fester Bestandteil des Programms. Eine wichtige Rolle spielt die Fasnet. Sie sei „der Jungbrunnen für den Verein“, sagt Klapper. Auf diesem Weg seien Mitglieder gekommen, „die sonst nicht in den Gesangverein gehen“.Zu neuen Ufern aufgebrochen ist der MGV zur Feier seines 150-jährigen Bestehens – auch wenn das so nicht absehbar und nicht geplant war. Anfang 1999 nahmen sich Elke Bayer, Gudrun Kurfess-Primas und Klaus-Peter Klapper vor, die Jugend des MGV zur Jubiläumsfeier für ein einzigartiges Projekt, eine Musical-Revue, zu mobilisieren. „Der junge Verein wollte dem Gesamtverein ein Geschenk machen,“ sagt Klapper. Die Idee, „etwas Modernes zu machen, habe schon länger bestanden“, berichtet Bayer.
Start einer Erfolgsgeschichte
Die Initiatoren haben das Musical-Projekt ausgeschrieben „und dann gewartet, was kommt“, erinnert sich Bayer. Gekommen sind auf Anhieb mehr als 30 Sängerinnen und Sänger, um im Projektchor MixDur die Jubliäumsgala mitzugestalten. „Fast alle singen noch mit“, berichtet Jaudas. Die Musical-Gala, die der Projektchor zusammen mit den Tanzgarden aufführte, war ein großer Publikumserfolg und bescherte MixDur weiteren Zulauf. Es war der Beginn einer bisher zehnjährigen Erfolgsgeschichte. Derzeit hat der Chor etwa 90 Aktive, zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer, teilt Chorleiter Klapper mit.
Nachwuchs wird gefördert
Viele Gesangvereine haben große Probleme, Nachwuchs zu finden und eine ordentliche Stärke der Chöre zu erhalten. Jung geblieben war der MGV eigentlich schon immer, inzwischen ist er ein sehr junger Verein. Viele Gesangvereine hielten Investitionen in die Jugendarbeit für hinausgeworfenes Geld, weiß Jaudas. Im MGV hat die Nachwuchsarbeit jedoch einen hohen Stellenwert. „Wer einmal gesungen hat, ist viel leichter zu bewegen, einmal in einem Chor zu singen“, betont der Vereinsvorsitzende.
Nach dem Erfolg der Musical-Gala 2003 gründete der MGV die MixKids als Chor für Kinder. Zu der ersten Probe kamen 50 Mädchen und Jungen. Als ihre Zahl auf 65 stieg und es sich zeigte, dass sich Kinder zwischen 6 und 14 Jahren nur schwer unter einen Hut bringen ließen, wurde für die älteren der Chor MixTeens geschaffen. Der Nachwuchs wird in die großen Projekte eingebunden, um schon den Jüngsten die Chance zu geben, sich öffentlich zu präsentieren. Wie wichtig die Nachwuchsarbeit ist, zeigt sich daran, dass der Verein die bekannte Sängerin Constanze Seitz aus Lichtenwald als Stimm- und Gesangslehrerin verpflichtet hat. Für nächstes Jahr ist ein „kleines feines Kinderprojekt geplant“, kündigt Klapper an.
Als Anreiz für die Aktiven sucht der MGV immer wieder neue Herausforderungen. Als Nächstes soll es ein Projekt geben, das den klassischen und den modernen Verein verbindet, sagt Klapper. In drei oder vier Jahren kann er sich ein Disney-Projekt vorstellen, in das man die Kinder gut einbinden könne.
Marmelade und Benefizkonzerte
Als der Frauenchor 1986 gegründet wurde, hatte er mehr als 100 Sängerinnen, berichtet Jaudas. Seine Gründung habe eine positive Wirkung für den Verein gehabt. Lange Zeit habe der 80 Sängerinnen gehabt, inzwischen seien es etwa 40. 29 seien von Anfang an dabei. Sie wurden bei der Jubiläumsveranstaltung Anfang Mai im Saalbau geehrt. Die Motivation der Frauen sei nach wie vor sehr hoch, betont Klapper. Von Anfang an verkaufen die Frauen auf dem Weihnachtsmarkt selbst gemachte Marmeladen und Basteleien. Den Erlös spenden sie stets für ein soziales Projekt. Soziales Engagement werde im Verein groß geschrieben, hebt der Vorsitzende hervor. Seit acht Jahren gibt MixDur in der Vorweihnachtszeit ein Benefizkonzert in verschiedenen Orten, immer in einer Kirche. „Zum Jahresende drehen wir die Stimmung etwas um“, sagt Klapper. Ein besonderes Ereignis, das nachhaltig in Erinnerung bleibt, war das Benefizkonzert in Winnenden für die Opfer des Amoklaufs.
Kulturell-sozialer Auftrag
Bis zu 40 Auftritte im Jahr hat der Männerchor, sagt Jaudas. Er gibt Geburtstagständchen für Mitglieder ab 70 Jahren, singt bei Beerdigungen, und bei verschiedenen anderen traurigen und freudigen Anlässen. Klapper spricht hier von einem kulturell-sozialen Auftrag, den der Chor im Ort wahrnehme.
Die erste Fasnetsveranstaltung des Gesangvereins fand offiziell 1886 statt. Von Anfang an hatte er damit großen Erfolg. 1952 begann der MGV mit der Fasnet in der Halle, berichtet Jaudas. Ein Jahr später fand die erste Motto-Show statt, inzwischen sind es vier Veranstaltungen in der stets voll besetzten Egelsee-Festhalle. Daran will der Verein festhalten, betont der Vorsitzende, „obwohl es sich manchmal finanziell kaum trägt“. Die Fasnet fördere das Renommee. Und bilde die Basis für den Tanzbereich, ergänzt Klapper.
Großer Zusammenhalt
Der MGV sei „schon eine Ausnahmeerscheinung“ unter den Gesangvereinen, sagt Klapper. Es sei enorm, welchen Zuwachs der Verein innerhalb kurzer Zeit erfahren habe, meint Heinrich Hobelsberger, der für die Öffentlichkeit zuständig ist. Er kam 2001 in den Verein nach dem Aufruf für den Projektchor. Zudem wollten seine Kinder im MGV tanzen. Derzeit hat der Verein 730 Mitglieder, berichtet Jaudas. „Fast die Hälfe ist in irgendeiner Weise aktiv.“ Der MGV hat 170 aktive Sängerinnen und Sänger sowie 120 Tänzerinnen. Die Tanzgruppen haben knapp 20 Trainerinnen. Dazu kommen die Technik-Crew, die Frauen, die Kostüme nähen, das Schminkteam und viele andere Helfer hinter und vor der Bühne. Chef-Techniker Michael Mayer ist Datenschutzbeauftragter in einem Unternehmen. Das Ehrenamt brauche er als Ausgleich zu seinem Beruf. Vor großen Veranstaltungen hat er aber kaum noch Zeit für seine Arbeit „Es ist schon ein großer Zusammenhalt“, stellt Hobelsberger fest. Wenn jemand gebraucht werde, sei immer jemand da.
„Man darf im Verein etwas machen“, betont Hans Jaudas. Wer eine Idee habe, „darf zumindest den Versuch starten, sie umzusetzen“.
Letzte Kommentare